Nashville oder das Wolfsspiel

Michaelis, Antonia, 2013
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Medienart Buch
ISBN 978-3-7891-4275-8
Verfasser Michaelis, Antonia Wikipedia
Systematik JKrimi - Krimi
Interessenskreis Krimi
Schlagworte Obdachlos, Thriller
Verlag Oetinger
Ort Hamburg
Jahr 2013
Umfang 479 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Antonia Michaelis
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Cornelia Gstöttinger;
Zwischen den Zeilen, an keinem Ort
Antonia Michaelis' grandioser neuer Jugendroman "Nashville"
Tübingen, frühsommerlich und schmetterlingsleicht. Hier will Svenja Medizin studieren und endlich anfangen mit dem Leben: Frei sein, auf eigenen Beinen stehen und probieren, wie es sich anfühlt, das Neue. Mit dem Öffnen des Küchenschranks in ihrer neuen, eben erst bezogenen Wohnung nimmt das Studentenleben, in das sich die 18-jährige Protagonistin voller Vorfreude stürzt, jedoch eine ungewöhnliche Wendung: "Im Küchenschrank stand ein Kind auf dem Kopf und sah sie von unten herauf an. [...] Svenja erwiderte seinen Blick eine Weile stumm. Dann tat sie das Einzige, was ihr in dieser Situation angemessen erschien: Sie stellte sich ebenfalls auf den Kopf, mitten in der Küche." (S. 12f)
Mit dieser außergewöhnlichen Begegnung hebt ein berührender Roman über Freundschaft, Vertrauen und Rache an: Denn dieser stumme, verwahrloste Junge aus dem Küchenschrank sucht Svenjas Nähe. Sie nimmt den traumatisiert wirkenden Elfjährigen, den sie nach seinem T-Shirt-Aufdruck Nashville nennt, bei sich auf. Nashville, den mageren Jungen mit "einem Blick wie die Dunkelheit, wenn sie am tiefsten ist und man sich danach sehnt, ein Licht anzumachen." (S. 123) Nashville, der immer wieder nachts verschwindet und dessen Schweigen ein dunkles Geheimnis zu bergen scheint. Ein Geheimnis, das Svenja mit Gewalt und Verbrechen konfrontiert und die im Sonnenlicht leuchtenden Gassen Tübingens bald mit einem Hauch von Vergänglichkeit und Melancholie überzieht.
Das Messer war scharf
Nach dem "Märchenerzähler" (2011) hat die in der Nähe der Insel Usedom lebende Autorin abermals einen bis zur letzten Seite fesselnden Thriller mit ungeheurer Sogwirkung und einem gelungen durchkomponierten Plot geschrieben. Als eine Frauenleiche am Österberg gefunden wird, nimmt das Wolfsspiel, das Michaelis hier grandios inszeniert, seinen Anfang: Denn kurz zuvor war Svenja Nashville heimlich auf seinen Streifzügen gefolgt - auf den Österberg, ganz in die Nähe des Tatorts. Was verbirgt sich hinter Nashvilles Dunkelaugen, diesem uralten Blick? Kannte er die Tote, eine Obdachlose?
Wohlige Angstschauer legen sich bei fortschreitender Lektüre wie ein Tuch um die Schultern der LeserInnen. Michaelis beherrscht die Mittel der Suspense meisterhaft, wie nebenbei fällt der Blick der Erzählerin auf scharfe Messerklingen, die zum Einsatz kommen: Subtil deutet sie die Gefahr, die in der Luft liegt und die Protagonisten immer enger umkreist, an. Denn durch die Stadt streift ein Mörder, dem mehrere Obdachlose zum Opfer fallen. Wer ist der Täter? Wem kann Svenja vertrauen?
Poesie der Abgründe
Es ist eine Freude, in die handwerklich perfekte Schreibe der deutschen Autorin einzutauchen, in eine Geschichte, hinter der Abgründe lauern. Michaelis' Romane legt man nicht einfach beiseite, sie wirken lange nach, berühren einen, treffen einen schonungslos mitten ins Herz, gerade weil ohne Kitsch und Rührseligkeit, aber mit großer Intensität erzählt wird. Sie fordert ihre LeserInnen, mutet ihnen zu, sich mit Texten ohne rosaroter Brille und Happy-End-Garantie auseinanderzusetzen. Sie traut ihnen zu, tiefer zu blicken, Abgründiges zu ertragen.
Oft sind es Geschichten, die wehtun, mit Figuren jenseits oberflächlicher Schwarz-Weiß-Zeichnung, deren Agieren einen nachhaltig beschäftigt. Ambivalent gezeichnete Charaktere voller Leben, authentisch und nicht auf den ersten Blick zu fassen. Figuren, die aufgrund ihrer Tiefe faszinieren und einen lange begleiten. Meist sind es Schicksale, die nicht einer gewissen Tragik entbehren.
Chancenlos - vom Leben zwischen den Zeilen
Wie Nashville im eingangs erwähnten Zitat steht auch Michaelis mitunter Kopf und übt einen anderen Blick auf die Welt: "Nashville" hat eine starke sozialkritische Komponente, macht aufmerksam auf jene ohne Dach über dem Kopf, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Jene Menschen in den Gassen, die durch unsere Blicke fallen, die in den unsichtbaren Zwischenräumen der Gesellschaft leben.
Töne wie Erinnerungen
Einmal mehr überzeugt die Autorin - neben den beiden starken Protagonisten - mit einem stimmigen Setting und ganz viel Atmosphäre, der man auch wunderbar im eigens gedrehten Buchtrailer nachspüren kann: http://www.antonia-michaelis.de/buch/nashville/
Melancholische Töne des Liedes "Lili Marleen" schweben über dem poetischen Text und den Straßen der Studentenstadt und markieren eine Grundstimmung, die geprägt ist von Trennung, Heimweh, Schmerz und einer tiefen Sehnsucht nach Liebe und Freiheit. Immer wieder stößt man auf Sätze wie kleine Juwele.
Abermals ein absolutes Gänsehaut-Buch für LeserInnen ab 16! Ein Thriller mit gewaltiger Wirkung, ähnlich wie der für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominierte "Märchenerzähler: unsagbar traurig, aber ungemein gut! Eine große Empfehlung für alle Büchereien.

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Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen (http://www.provinz.bz.it/kulturabteilung/bibliotheken/320.asp);
Autor: Ruth Schmidhammer;
Svenja bezieht ihre Studentenwohnung in Tübingen und freut sich endlich unabhängig von ihren Eltern zu sein. Umso erstaunter ist die junge Frau als sie einen Jungen, auf dem Kopf stehend, in ihrem Küchenschrank findet. Da der Junge nicht spricht, gibt ihm Svenja den Namen Nashville, analog der Aufschrift auf seinem T-Shirt. Die Studentin fühlt sich verantwortlich für den Jungen, den ein Geheimnis umgibt, dem sich Svenja Schritt-für-Schritt zu nähern scheint. Die junge Frau muss aber auch auf der Universität ihr Können beweisen und natürlich bringen auch Turbulenzen in Beziehungen Svenja aus dem Gleichgewicht. Zwei Männer zeigen ihr Interesse für die Studentin, einer ist aber bereits vergeben, der andere erinnert Svenja an den eigenen Vater, der nie erwachsen wurde.
Antonia Michaelis, die schon im "Märchenerzähler" bewies, wie geschickt sie einen dramatischen Bogen spannen kann, legt auch hier einen Thriller vor, der die Leserschaft in einen Bann zieht und die Spannung bis zur letzten Seite hält. (ab 14)
Bemerkung Katalogisat importiert von: Rezensionen online open (inkl. Stadtbib. Salzburg)

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